Das und mehr bot die Forscherwoche in Jena 18 Schülern und Schülerinnen aus ganz Deutschland in der vergangenen Woche. Seit 1994 organisieren mehrere Schulen aus dem ganzen Bundesgebiet reihum diese Veranstaltung, zu der das Ammersee-Gymnasium sechs naturwissenschaftlich besonders interessierte Schüler und Schülerinnen entsandte, um beispielsweise an universitären Vorträgen, Workshops und Himmelserkundungen teilzunehmen. „Auf diese Weise fördern wir Talente, die an MINT besonders interessiert sind“, erläutert Herr Lippl.
(MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik).

Schon am ersten Abend steckte der organisierende Lehrer, Herr Werner vom Friedrich-Schiller-Gymnasium Zeulenroda (Thüringen), die Jungforscher und Jungforscherinnen mit seiner Begeisterung für den Sternenhimmel an. Nach kurzer Erläuterung, wie man eine Sternenkarte richtig einstellt und abliest, ging es hinaus in die Nacht zur praktischen Erprobung auf eine Wiese im Wald. Die Karten über die Köpfe haltend, entdeckten die Schüler und Schülerinnen im Norden den großen Wagen. Die fünffache Verlängerung der letzten zwei Kastensterne führte sie direkt zum Polarstern. Sie folgten in großem Bogen dem Schwung der Wagendeichsel nach links, wo sie den hellen Stern Arktur fanden, Hauptstern des Eistüten-förmigen Bärenhüters. Mit einem Laser zeigte ihnen der Astronom Sternbilder wie die Kassiopeia, den Schwan und den Kleinen Wagen sowie das Sommerdreieck, das sich aus den Sternen Wega, Atair und Deneb zusammensetzt und besonders gut im Sommer und Herbst erkennbar ist. Die zugehörigen Sternbilder konnten die Astronomiebegeisterten mit der Sternkarte identifizieren. Am Ende fiel ihnen ein heller Stern nahe dem Horizont unterhalb des Polarsterns auf. „Mit der Karte haben wir herausgefunden, dass wir die Kapella entdeckt haben”, freute sich Lena Häfele (11B).

In der 25 – Meter – Kuppel des Jenaer Planetariums konnten die Jungforscher und Jungforscherinnen die Erde auf einer wunderbar animierten Reise durchs Sonnensystem aus einer ganz anderen Perspektive betrachten: Beim Besuch auf dem Zwillingsplaneten der Erde, der Venus, musste sich ihr Raumschiff zuerst einmal durch die Atmosphäre dieses von Wolken komplett bedeckten Nachbarplaneten kämpfen, die fast vollständig aus CO₂ besteht. Dieses Gas ist auch der entscheidende Grund für die lebensfeindlichen Temperaturen von 460 °C, die auf der Venus herrschen. „Wenn der CO₂-Gehalt auf der Erde weiter ansteigt, wird die Erde der Venus ähnlicher und das Leben auf der Erde schwieriger“, übertrug Lena die Erkenntnisse und folgerte: „Wir müssen unsere Erde wertschätzen.“

Eines der Highlights für die MINT-Begeisterten war der Workshop zur Nanomedizin. Hier galt es, nach einer prägnanten Einführung durch Antonia Fruntke von der Chemisch Geowissenschaftlichen Fakultät der Uni Jena, selbst Nanopartikel zu erzeugen. Dazu ließen sie Milchsäure und Glykolsäure polymerisieren. Den Nachweis führten sie mit einem Laser, dessen Licht von Partikeln gestreut wird, wenn ihre Größe etwa mit der Laserlichtwellenlänge übereinstimmt. Dann wird das Laserlicht in der zuvor klaren Lösung als Strahl sichtbar. Zudem sollten die eben erzeugten Nanopartikel mit der leuchtend roten Farbe „Nilrot“ beladen werden, die einen möglichen Wirkstoff simulierte. Aufgenommen durch die winzigen Partikel, änderte sich dessen Farbe zu einem „hübschen Pink“. Das Abladen des Wirkstoffs gelang gut in einem basischen Milieu.

„Nanopartikel werden verwendet, um Medikamente an ganz bestimmte Orte im Körper zu transportieren. Dadurch können sie in geringeren Dosen verabreicht werden, wodurch sie den restlichen Körper weniger belasten und gleichzeitig besser wirken, weil ja die Medikamente genau an die gewünschte Stelle transportiert werden“, erklärte Marc Stahl (11A). Gerade in der Krebsforschung sei dieses Verfahren vielversprechend.

Im Vortrag über “Polymere für Energieanwendungen“ stellte Prof. Dr. Ulrich Schubert vom Center for Energy and Environmental Chemistry neue Batterietypen vor und erläuterte, dass diese ohne das seltene Lithium und ohne Kobalt, welches oft unter Kinderarbeit abgebaut wird, mit organischen Polymeren arbeiten. Die Polymer-RF-Batterien sind sehr häufig wiederaufladbar, umweltfreundlicher als herkömmliche Batterien und haben einen kleineren CO2 – Fußabdruck. „Warum sind diese Batterien noch nicht weit verbreitet?“, wunderte sich Carolina Friedrich (11A). Einer der Gründe ist die geringere Dichte der Energie im Vergleich zu Lithiumbatterien, erfuhr die Jungforscherin.

Ein Handy lässt sich sehr einfach in ein Mikroskop verwandeln“, staunte Carolina. Im Workshop des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) zerlegten die MINT-Begeisterten die Kamera eines kaputten Handys. Sie trennten das Objektiv von der alten Kameraplatine ab und klebten es mit doppelseitigem Klebeband auf die Kamera ihres eigenen Smartphones – fertig! Hält man dieses Handymikroskop im richtigen Abstand, so kann man gedruckte Bilder in Punktmuster auflösen, Staubflocken analysieren oder die Webstruktur der Jeans erkennen. „Sogar die winzigen Goldfäden, mit denen der Sensor der kaputten Kamera mit der Platine verbunden ist, wurden sichtbar“, stellte Carolina fest.

„Ich habe richtig gemerkt, wie ich immer mehr zur Seite gekippt bin, nach einer Runde mit dem Gesicht nach unten schaute und erst nach zwei Runden wieder nach oben“, berichtet Katharina Töpfer (11B) begeistert. Im Mitmachmuseum Imaginata konnten die MINT-Begeisterten mit mehr als 100 Exponaten in den Bereichen der optischen Täuschungen, der Physik und der Mathematik experimentieren. Katharina hatte ihren aufregendsten Moment in der Möbiusbahn, die in Jena durch eine Schiene gebildet wird und mit einer Art Achterbahnwagen von den Besuchern befahren werden kann.

Beim Möbiusband wird ein langer Papierstreifen zu einem Ring zusammengeklebt, nachdem ein Ende des Streifens auf die andere Seite gedreht wurde. Fährt man mit dem Finger auf der Oberseite des Papierstreifens entlang, so landet man nach einer Runde auf dessen Unterseite und benötigt zwei Runden, um wieder oben anzukommen. „Das wollte ich unbedingt ausprobieren!“, so Katharina.

Den Abschluss der Forscherwoche bildete ein Teambuliding-Event in der Boulderhalle Jena. Das gemeinsame Tüfteln, wie sie für die kniffligen Routen am besten greifen und Balance halten konnten und die gegenseitige Unterstützung beim Klettern: „Los komm, das schaffst du, gleich bist du oben!“ schweißte die Schüler und Schülerinnen der verschiedenen Schulen nochmals zusammen. So erklommen sie manche Routen, die zunächst unbezwingbar schienen. Zwischen den einzelnen Klettergängen war Zeit, sich über Erfahrungen der letzten Tage auszutauschen. „Bei solch einem Ereignis entstehen über die Landesgrenzen hinweg Freundschaften zwischen den Schülerinnen und Schülern“, freute sich Frau Brückner, die die Fahrt begleitete.

Im nächsten Jahr wird die FoWo, wie die Teilnehmer sie liebevoll nennen, in Niedersachsen stattfinden. „Die Forscherwoche zeigt den MINT-Begeisterten, was Forschung erreichen kann, sie erleben, dass sie etwas bewirken können und lernen kennen, was sie an der Universität erwartet“, meint Herr Werner-Forster, FoWo-Beauftragter des ASG. „Damit gewinnen sie die besondere Motivation, die auf eigenen Erfahrungen beruht.“

Eckart Werner-Forster